Ein Erfahrungsbericht aus Downunder
In dem folgenden Bericht schreibt unser Vereinsmitglied Andreas Balk von seinem Urlaub in Neuseeland. Wie es sich für einen Segelflieger gehört, hat er sich auch am anderen Ende der Welt in die Luft begeben. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und hoffen, dass wir Euch damit zum Träumen anregen können.
Zu den größten Privilegien in der segelfliegerische Laufbahn gehört sicherlich ein Fliegerurlaub auf der Südinsel Neuseelands. Dieser Leckerbissen wurde für mich wahr im Februar diese Jahres und davon möchte ich eine interessante, fliegerisch nicht alltägliche Erfahrung berichten.
Welch anderer Ort als Omarama kommt für eine solche Exkursion in Frage, ist er doch unter Segelfliegern spätestens seit 1995 als Austragungsort der Weltmeisterschaften bestens bekannt. Seit dem hat sich dieser Platz zu einem Segelflugzentrum entwickelt, das nicht nur für Wettbewerbs-ambitionierte sondern auch den Otto Normalsegelflieger attraktiv ist. Platzbetrieb findet praktisch durchgehend während der Sommermonate auf der Südhalbkugel statt. Man kann sowohl Ein- als auch Doppelsitzer mieten und von besonderem Interesse, man kann Lehrgänge unter Anleitung von Profis machen, die sich bestens in der Gegend auskennen. Das Ganze firmiert unter dem Namen „Glideomarama“ und steht unter der professionellen Leitung von einem fliegerischen Urgestein, dem Neuseeländer Gavin Wills. Die Lehrgänge bestehen aus einem allmorgendlichen „Theorie“ Teil und ab mittags wird dann doppelsitzig geflogen. Zum einem werden Vorträge zu Gebirgs- sowie Wellen fliegen zum Besten gegeben und – was mir besonders gefallen hat – die Loggermitschnitte vom Vortage werden mit Seeyou von einem Beamer auf ein Whiteboard geworfen und dann gezoomt, erläutert und detailliert diskutiert, warum das ein oder andere so gelaufen ist wie es dann gekommen ist. Äußerst lehrreich!
Ein paar Worte zur Wetter und der Lage des Platzes. Omarama liegt am südlichen Rand eines Hochplateaus, des sogenannten Mc Kenzie Becken. Im Osten schließen sich Berge an , unter andern der Hausberg Mt Horrible, aber zu dem kommen wir noch. In einiger Entfernung im Westen falten sich die Berge dann richtig hoch auf . Hier liegen die sich von Südwest nach Nordost erstreckenden Alpen der Neuseeländischen Südinsel mit ihren vielen Gletschern und dem 3720m hohen Mt Cook. Omarama liegt ziemlich in der Mitte zwischen der Ost- und Westküste. Analog zur Nordhalbkugel wird das Wetter im wesentlichen bestimmt von dem Wechselspiel der Luftmassen an der südlichen Polarfront mit Kaltluft aus der Antarktis sowie den warmen Luftmassen vom Australischen Kontinent sowie dem Pazifik. Die vorwiegend aus südwestlicher Richtung heran rauschenden Druckgebilde laden ihre Feuchtigkeit an den Alpen im Westen der Insel ab. So kommt es, dass diese Gegenden die höchsten Niederschlagsmengen der Erde aufweisen (7000mm pro Jahr) und es deshalb die Gletscher und den einzigartigen Regenwald im Westen der Insel gibt. Das östlich gelegene Mc Kenzie Becken bekommt dagegen nicht soviel Wasser ab (400mm pro Jahr), was die Hochebene dann auch erstaunlich „braun“ aussehen lässt. Toll, von Omarama kann man den Niederschlag, z.T. als Schnee ( im Sommer !) in 20-30 km weiter Entfernung zugucken ohne etwas abzubekommen! Das ganze Wettergerangel über der Insel geht einher mit einigermaßen kräftigen Winden und ist durchmischt mit den sich tagsüber bildenden Seewindsystemen der nahen Küsten. Alles zusammen macht es das Fliegen in dieser Gegend sehr anspruchsvoll, weil jedes Tal sein sehr eigenes Wettergeschehen aufweist, was man häufig genug nicht auf Anhieb durchschaut.
Während meines Aufenthalts Anfang Februar war das Wetter, auch bestätigt von den ortskundigen Cracks, ungewöhnlich für die Jahreszeit und eigentlich gar nicht „Omarama“ typisch, d.h es gab wenig Thermik, aber dafür mehr Wind, was ja auch nicht schlimm war, den es bildeten sich prächtige Wellen. Von den tollen Wellenflügen über atemberaubend schöner Landschaft wollte ich eigentlich gar nicht soviel berichten sondern vielmehr von meinem Einweisungsflug am ersten Tag.
Der Tag begann mit Theorie des Hangflugs und einem Wetterbriefing. Der Himmel war mit 6-7 Achtel bedeckt und in der Höhe sollte der Wind auffrischen aus nordwestlicher Richtung. In Westen lag die Bewölkung auf den Bergen auf und es sah dort nach Niederschlägen aus. Hört sich nicht nach Hammertag an, aber da man den ganzen Winter Entzug gelitten hat, sollte man selbst einen solchen Tag nicht unversucht verstreichen lassen. Der Flugbetrieb für die Lehrgangsteilnehmer ist so organisiert, dass die Maschinen vorbereitet am Start stehen, man nur noch Fallschirm anlegen und einsteigen muss. Welch Luxus! (Und abends, ich traue mich fast nicht zu berichten, aber nach der Landung wird für einen weggeräumt.) Gesagt-getan, sitze ich also mit meinem Co „Phil“ im Duo Discus und im F-Schlepp geht es an den Haushang. Ausgeklinkt und dann wird der Hang abgegrast, bis es mit mäßigem Steigen etwas hoch geht. Weiter geht es weg vom Platz in südwestlicher Richtung entlang einiger kleinerer Höhenzüge zum Omarama Saddle wo sich über Funk schon ein weiterer DuoDiscus mit Steigen meldet. Der Hang trägt auch und wird einmal auf und ab geritten, dann ist das Maximum erreicht. Nun ist zu entscheiden, wo es weiter langgeht.
Der ortserfahrene Co übernimmt und meint, wir sollten mal unser Glück im Osten versuchen und hinter dem Mt Horrible herumfliegen Richtung Norden. Das sieht zwar etwas abgeschirmt aus, aber unter dem Grau kann man einige Cumulusfetzen erkennen. Vielleicht tragen die ja. So fliegen wir also los über bergigem Gelände, immer weiter nach Osten ausholend ohne wirklich nennenswertes Steigen zu finden. Nun schon hinter dem Mt Horrible (warum heißt der wohl so?) der uns den Rückweg nach Omarama versperrt, suchen wir weiter in Richtung Norden am Benmore Lake. Der Boden kommt jetzt schon nachdenklich nahe und vernünftiges Steigen will sich auch nicht einstellen. In einiger Entfernung jenseits des Sees lässt sich ein Flieger am Hang ausmachen, aber zu weit weg mit der uns zur Verfügung stehenden Resthöhe. So langsam schauen wir uns nach etwas Landbarem um und machen zwei Optionen aus. Nach kurzer Diskussion wird eine Option verworfen und die Entscheidung fällt auf eine Schafwiese, die von nun an schön im Gleitradius bleibt. Einige erfolglose Suchkreise ziehen wir noch und dann ist der Spaß auch schon zu Ende. Eine letzte Funkmeldung, Fahrwerk raus und schon sitzen wir auf der Wiese.
Neuseeland – Auf der Wiese
Nicht unabsichtlich haben wir die Landung so gestaltet, daß wir am entfernten Ende des Feldes zum stehen kommen. Denn was jetzt kommt macht die ganze Sache berichtenswert. An unserem Standort haben wir keinen Mobiltelefonempfang mehr, obwohl der Platz nur circa 16km Luftlinie entfernt, aber halt hinterm Mt Horrible liegt. Zum Glück haben wir vor der Landung noch eine Funkmeldung abgegeben. Die Wartezeit nutze ich, wie ich dann schnell feststellen musste, überflüssige Fragen zu stellen, ob man das dürfe und ob der Bauer nicht zu fragen wäre etc…halt so Fragen die nur einem in Deutschland ausgebildeten Segelflieger so einfallen können. Alles kein Problem, Flieger ist doch heil geblieben und die Wiese hat auch nichts abbekommen. Das Feld hat auch nicht zum ersten Mal Besuch von einem Segelflugzeug.
Die Wartezeit verstreicht sehr schnell, wir drehen den Flieger um 180 Grad und schon sehen wir die Schleppmaschine hinter dem Berg um die Ecke kommen. Die Maschine macht noch eine tiefen Überflug um das Feld zu checken und schon steht der Schlepper vor dem Duo Discus ! Das Seil wird ausgelegt und nach kurzer Absprache geht es wieder los. Nach ein paar Minuten haben wir wieder genug Höhe, wir klinken aus, erwischen Thermik am nahen Hang. Den restlichen Flugtag verbringen wir noch in Platznähe, bevor er nicht allzu spät zur Landung am Platz geht.Neuseeland – An besseren Tagen: On Top in der Welle
Kein glanzvoller Flugtag, aber die Erfahrung mit dem Außenstart fehlte noch in meiner fliegerischen Sammlung. Dass das geht, wunderbar! Fühlt sich einfach gut an, wenn man eigenverantwortlich entscheiden kann was „safe“ ist, ohne von alles-regeln-wollenden Vorschriften entmündigt zu sein.
Andreas Balk